Zeig mir den Platz an der Sonne

 

Album, veröffentlicht im September 1971 in Deutschland bei Ariola (Best.-Nr. 85700IT

 

Vor 50 Jahren, genauer im September 1971 - erschien das Album “Zeig mir den Platz an der Sonne”. Udo Jürgens hatte ein überaus erfolgreiches Jahrzehnt hinter sich und einige seiner Lieder wurden von Weltstars in mehreren Sprachen interpretiert und zu großen internationalen Erfolgen. Das vorangegangene Album verpasste nur knapp den Spitzenplatz der Charts und eine Mammuttournee mit 500.000 Besuchern lag hinter Udo. Zur Frankfurter Buchmesse erschien 1971 das Buch "Warum nur, warum?", worin das "Phänomen Udo Jürgens" von prominenten Schriftstellern wie Johannes Mario Simmel, Reginald Rudorf, Axel Eggebrecht, Günther Hunold, Adolf Holl und Adolf Sommerauer untersucht wurde. Udo begann, gesellschaftliche Themen aufzugreifen und wagte es dabei auch, Kritik zu üben. In dieser Zeit erschien das Album „Zeig mir den Platz an der Sonne“. Herauszuheben ist, dass insgesamt sieben Text-Autoren beteiligt waren, und so besteht es nicht nur aus abwechslungsreichen Melodien von Udo, sondern auch aus herausragenden und tiefgründingen Texten.

 

Das Titellied des Albums und sicherlich das bekannteste Lied war auch dessen Namensgeber. Am 29. August 1971 hob Udo das Lied „Zeig mir den Platz an der Sonne“ vor 75.000 Menschen im Berliner Olympia-Stadion aus der Taufe. Getextet von Eckart Hachfeld wurde es zum Titellied der Deutschen Fernsehlotterie 1971 und konnte sich fünf Monate in den deutschen Charts halten, wobei die höchste Platzierung Rang 14 war und ein großer kommerzieller Erfolg sowohl für Udo Jürgens als auch für Ariola. Insgesamt vier Titel des Albums stammen von Eckart Hachfeld. Neben dem Titellied und „Du allein“ sind es das sozialkritische „Bruder, warum hilfst Du mir nicht“ und der Schlußtitel „Auf der Strasse der Vergessenheit“. Letzteres hat am meisten Aufmerksamkeit der Kritiker auf sich gezogen und Udo Jürgens musste im Fernsehen Stellung beziehen. Udo hat dieses Lied im Jahr 2000 mit modernisiertem Text für das Album „Mit 66 Jahren (Was wichtig ist...)“ neu aufgenommen.

 

Ein besonders schönes Lied ist „Wer hat meine Zeit gefunden“. Die Texterin Brigitte Gerwens war damals gerade einmal 15 Jahre alt und das MUSIK-TELEGRAMM schrieb dazu „Ein Jahr und acht Monate lang schlummerte das Lied einer kleinen Schülerin in der Schreibtisch-Schublade eines grossen Sängers. Nur ein Rundfunkfachmann und der Sänger kannten es. In 14 Tagen werden es Millionen kennen.“. Udo Jürgens fand den Text in der Redaktion des Kinderfunks des WDR. Brigitte hatte ihn eingeschickt und Udo gefiel der Text auf Anhieb. Zwei Jahre später erinnerte er sich an den Text der Schülerin und nahm ihn auf, und das nicht nur einmal - für das Album „Gestern - Heute - Morgen“ von 1996 hat Udo eine ansprechende Neuaufnahme in modernem Sound produziert. In den 70er und 90er Jahren hat Brigitte Gerwens (sie verwendete manchmal auch ihren Zweitnamen Katharina) vier weitere sehr schöne Texte für Udo Jürgens geschrieben. Diese sind „Soll ich heute zu ihr gehen“ (1972), „Der Sommer ist schneller vorbei, als man denkt“ (1976 - Co-Texter war Hans-Joachim Balke), „Mein größter Wunsch“ (1991) und „Und es gibt Dich“ (1993). Aber auch auf seinem letztem Album „Mitten im Leben“ 2014 hat Udo zwei Texte von ihr vertont. Es handelt sich um „Wohin geht die Liebe, wenn sie geht“ und die vier Intermezzi (Dieser Tag - Unser Glück - Der Augenblick - Diese Lieder).

 

Das sehr schöne „Ich glaube an die Liebe“ ist der fünfte und letzte Text, den Günter Loose für Udo geschrieben hat. Loose war einer der bedeutendsten deutschen Textdichter in den 1950er bis 70er Jahren und er schrieb Texte für Katja Eppstein, Freddy Quinn, Drafi Deutscher, Roberto Blanco und einige andere Größen des deutschen Schlagers. Für dieses Lied wurde Udo im italienischen Terni mit dem "Premio Internazionale San Valentino d'Oro" ausgezeichnet, es wurde als das schönste Liebeslied des Jahres prämiert. Udo nahm es 1972 als „Concerto per Elisa“ mit italienischem Text auf, welches auf mehreren Compilations zu finden ist.

 

Auch einer der letzten Texte von Walter Brandin für Udo Jürgens - unter neunundzwanzig insgesamt - wurde auf diesem Album vertont. Es handelt sich um „Der Champion“ und das Lied ist dem 1970 in Monza tödlich verunglückten österreichischen Formel-1-Rennfahrer Jochen Rindt gewidmet, mit dem Udo eng befreundet war. 

 

Eine kleine Rarität ist „Hörst Du?“ mit einem Text von dem Kabarettisten Gerhard Bronner. Es ist nur auf diesem Album veröffentlicht worden und es ist ein Lied über das Lied selbst, welches seine Kraft als Musik entfaltet. Das Arrangement von Boris Jojic, mal mit sanften Flötentönen und mal mit vollem Orchester unterstreicht diese Botschaft eindrucksvoll. Bronner hat nur einen weiteren Text für Udo Jürgens geschrieben, der als „Ich träum’ davon“ auf dem Album „Nur ein Lächeln“ (1979) zu hören ist - ein außergewöhnliches Lied auf einem weiteren grandiosen Album!

 

Die zweite auf Schallplatte veröffentlichte Zusammenarbeit von Udo Jürgens und dem Kinderbuchautor James Krüss ist das Lied „Es war einmal ein Luftballon“, welches hier und auch auf dem später in 1971 erschienenen Kinderliederalbum „Jonny und Jenny“ enthalten ist.
Wunderbare Streicherarrangements von Boris Jojic und Udos Klavierspiel tragen und treiben das abwechselnd leise und laute Lied „Niemals“ mit dem leider einzigen Text, den die Kinder- und Jugendbuchautorin Gina Ruck-Pauquet für Udo geschrieben hat.


Aufgrund der langen Spieldauer mehrerer Lieder von fast fünf Minuten enthält das Album nur zehn Titel. Produzent des Albums „Zeig mir den Platz an der Sonne“ für die Montana war Boris Jojic, der in den achtziger Jahren das Munich Symphonic Sound Orchestra - kurz MSSO - leitete. Seine Arrangements sind großartig und die Zusammenarbeit ging über viele Jahre. Das Album wurde in den Münchener Union Studios mit Chor und Orchester unter der Leitung von Jojic und mit der Rhythmus Gruppe von Johnny Harris produziert. Es erreichte Platz 16 in den deutschen Charts, wo es sich insgesamt 20 Wochen hielt. Das Klappcover wurde wie so oft von Manfred Vormstein gestaltet mit Aufnahmen von Mangold (Vorderseite), Kunze (Innen) und McBride (Rückseite).

 

Das Lied „Zeig mir den Platz an der Sonne“ hat Udo auf unzähligen Konzerten gesungen und auch noch zweimal neu aufgenommen, nämlich 1998 für „Aber bitte mit Sahne II“ und 2001 für eine Maxi-CD, auf der alle drei von ihm für die Fernsehlotterie komponierten und gesungenen Lieder enthalten sind. Nummer zwei und drei sind „Ein Lied für alle die einsam sind“ von 1976 (produziert von Ralph Siegel) und „Ist das nichts“ (urspr. 1979) in einer Live-Version. Tatsächlich gibt es sogar noch ein viertes Fernsehlotterie-Lied von Udo Jürgens. Es handelt sich um "Wie schön ist diese Welt", welches Anneliese Rothenberger bereits 1969 als Titellied gesungen hat - Udo hat es im gleichen Jahr auch selbst aufgenommen.

 

Fazit: bei „Zeig mir den Platz an der Sonne“ handelt es sich um ein Album, welches unbedingt empfehlenswert ist und welches viele Fans sicherlich im Plattenregal stehen haben. Leider wurde es bis heute noch nicht als CD veröffentlicht. Zu seinem 50. Jubiläum gäbe es eine gute Gelegenheit...!

 

Text: Daniel Speck

 

Titelliste:


Zeig mir den Platz an der Sonne

Du allein

Bruder, warum hilfst du mir nicht?

Wer hat meine Zeit gefunden?

Ich glaube an die Liebe

Der Champion

Hörst Du?

Es war einmal ein Luftballon

Niemals

Auf der Straße der Vergessenheit