Let's sing udo

 

Compilation, veröffentlicht bei Ariola im Mai 1973 (Best. Nr. 86688IT)

 

 

Udo Jürgens begeisterte sich sehr für Jazz und Blues, aber auch in Gospel und Folk Musik war er zuhause. Während seiner USA-Rundreise als Student in den 1950er Jahren spielte er in einigen Clubs mit den dortigen, meist schwarzen, Musikern. Unvergesslich blieb für ihn auch ein gemeinsamer Auftritt mit dem Jazztrompeter Chet Baker in Berlin und von einigen solchen Erlebnissen berichtet Udo in seinen beiden Autobiographien. Auch bei seinen Konzerttourneen in Europa spielte er immer wieder Gospel und Folk und so war es nur folgerichtig, ein ganzes Album mit dieser kraftvollen und energiegeladenen Musik, interpretiert von Udo Jürgens auf den Markt zu bringen.

 

Das äußerst abwechslungsreiche Album LETS SING UDO wurde von Montana produziert und im Mai 1973 bei Ariola veröffentlicht, die Single MUDY WATER erschien als Vorbote dazu. Insgesamt enthält das Album zwölf Lieder, davon wurden sieben neu mit dem Orchester Boris Jojic eingespielt. Die restlichen sind ältere Aufnahmen aus den Jahren 1968/69 und 1972. Weder die Single noch das Album konnten sich in den Charts platzieren, vielleicht gab es damals einfach zu viele Schallplatten von Udo im Handel. Das Album LETS SING UDO wurde bisher nicht digital veröffentlicht, die Schallplatte ist aber immer wieder im Internet zu finden.

 

 

Lieder:

 

1.) MUDDY WATER (erstveröffentlicht 1973, aufgenommen mit dem Orchester Boris Jojic)

Musik und Text des Liedes (im Original heißt es I Washed My Hands in Muddy Water) stammen vom Country Sänger “Cowboy” Joe Babcock. Das Lied wurde von Stonewall Jackson schon 1965 aufgenommen und erreichte Platz 8 der Billboard Charts. Elvis Presley nahm eine Version 1971 auf. Fanfact: die B-Seite der Single, das Lied WIEDER ALLEIN (Udo Jürgens/Wolfgang Hofer) ist ein Unikat und niemals sonst mehr veröffentlicht worden.

 

 

2a.) MY BONNIE (1973, Orchester Boris Jojic)

Das Lied ist ein traditioneller schottischer Folksong und heißt im Original ‚My Bonnie lies over the Ocean‘. Der Ursprung ist ungewiss, er liegt womöglich schon im 18. Jahrhundert. Erstmals wurde das Lied 1882 von Charles E. Pratt aufgenommen, berühmt ist die Version aus dem Jahr 1961 von Tony Sheridan & The Beat Brothers, seine Begleitband waren dabei die frühen Beatles. MY BONNIE machte zunächst eine Wandlung vom Studentenlied über ein Kinderlied zum Shanty durch, bevor es von der Popmusik entdeckt wurde.

 

 

2b.)  DOWN BY THE RIVERSIDE (1973, Orchester Boris Jojic)

Dieses Lied ist mit MY BONNIE zu einem Lied verschmolzen, beide sind aber eigenständig. Ursprung, Entstehungsgeschichte und Komponisten des Gospelsongs DOWN BY THE RIVERSIDE sind weitgehend unbekannt. Seine Zugehörigkeit zur Gospelmusik ergibt sich aus dem Text, der auf die Taufe Jesu im Jordan und die Taufe der Nachfolger Jesu anspielt. Neben den biblischen Inhalten präsentiert der Song auch pazifistische Aussagen. Der Text „I ain’t gonna study war no more“ geht wahrscheinlich auf die Kriegsmüdigkeit nach dem Ende des Sezessionskriegs im Juni 1865 zurück, dafür fehlen jedoch die Belege.

 

 

3.) CLEMENTINE (1973, Orchester Boris Jojic)

(Oh My Darling) Clementine ist eine Western-Music-Ballade, deren Herkunft und Ursprung nicht bekannt sind. Sie stammt womöglich aus dem Jahr 1883. Die Mitglieder der Western Writers of America haben das Lied als eines der Top-100 Western Songs ausgewählt und eine der zahlreichen Versionen, nämlich die von Bing Crosby aus dem Jahr 1941, erreichte als erste die amerikanischen Billboard Charts.  

 

 

4.) MARY ANN (1969, Orchester Hans Hammerschmid)

Dieser karibische Calypso wurde vermutlich zuerst 1946 von Roaring Lion aus Trinidad aufgenommen. Am erfolgreichsten wurde die Version ‚Marianne‘ von Terry Gilkyson & The Easy Riders, die im Jahr 1957 Platz 4 der Billboard Charts erreichte. Udo Jürgens sang das Lied bereits 1969 auf dem Album UDO ’70 und eine schöne Live-Version ist auf dem Album zur damaligen Rekordtournee zu hören. Udo hat das Lied mit einem deutschen Text von Werner Cyprys zusammen mit den Octavios bereits im Jahr 1957 aufgenommen. Es erschien damals unter dem Titel HEJO, HEJO - GIN UND RUM und konnte Platz 12 der deutschen Charts erreichen. Damit war das Lied der erste Charterfolg in der langen Karriere von Udo Jürgens.

 

 

5.) TOMORROW (1973, Orchester Boris Jojic)

Dieses Lied stellt eine Besonderheit dar, denn Musik und auch der englische Text stammen von Udo Jürgens. Es ist in Deutschland nur auf dieser LP und nie digital erschienen. Eine schöne Live-Version ist auf der Schallplatte „Live in Japan“ zu hören, die auch 1973 dort und nur dort erschienen ist. Von Fans immer wieder gefordert ist sie bis heute aber nicht digital wiederveröffentlicht worden. Das selbe Lied mit deutschem Text wurde später im gleichen Jahr auf dem Album ES IST ZEIT FÜR DIE LIEBE veröffentlicht.

 

 

6a.) GLORY, GLORY, HALLELUJAH (1972, Orchester Boris Jojic)

Das Lied heißt eigentlich BATTLE HYMN OF THE REPUBLIC und es wurde als solches von Udo Jürgens bereits 1969 als Single in Deutschland veröffentlicht. Den Text verfasste die Abolitionistin Julia Ward Howe während des Amerikanischen Bürgerkrieges, es entstand also aus der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei. 

 

 

6b.) WHEN THE SAINTS (Go Marching In) (1972, Orchester Boris Jojic)

Der Gospel Song When the Saints go marching in wurde verschmolzen mit Glory, Glory Hallelujah und bereits auf dem Album ICH BIN WIEDER DA im Jahr 1972 veröffentlicht. Seine Melodie stammt wahrscheinlich von Edward Boatner, der den Song 1927 in Nashville in seinem Gesangbuch ‚Spirituals Triumphant – Old and New‘ veröffentlicht hat. Der Text von When the Saints Go Marching In knüpft an die mündlich tradierten Spirituals der schwarzen Bevölkerung der USA an. Unabhängig von der Fassung verleiht der Text der Hoffnung der Gläubigen Ausdruck, am Tag des Jüngsten Gerichts zu den Auserwählten zu gehören, die ins Himmelreich einziehen dürfen. Bekannte Coverversionen sind die von Louis Armstrong (1938), Elvis (1956) oder Bing Crosby (1961).

 

 

7.) WORRIED MAN (1973, Orchester Boris Jojic)

Die Ursprünge dieses Folk Songs, im Original Worried Man Blues, reichen schon weit zurück und die erste Aufnahme ist von der Carter Family im Jahr 1930 gemacht worden.

 

 

8.) IF I HAD A HAMMER (1973, Orchester Boris Jojic)

Dieser Protestsong, von Pete Seeger und Lee Hays im Jahr 1949 geschrieben, wurde zum Evergreen, laut Wikipedia gibt es über 100 Coverversionen (darunter Peter, Paul and Mary  -1961, Trini Lopez - 1963). Das Lied entwickelte sich zu einer Hymne der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und die Internetplattform Wikileaks wählte das Lied etwa ein halbes Jahrhundert nach seinem Entstehen zum „Wikileaks Song“. Im Text werden der „Hammer der Gerechtigkeit“ (hammer of justice) und das Symbol der Freiheitsglocke (bell of freedom) kombiniert. 

 

 

9.) MATHILDA (1968, Orchester Alain Goraguer)

Der karibische Calypso wurde zuerst von Norman Span 1938 aufgenommen. In der 1953 von Harry Belafonte aufgenommenen Version wurde das Lied dann ein internationaler Hit und einer der Grundsteine von Belafontes Karriere. Das Lied handelt davon, dass Matilda ihrem Liebhaber das Geld, welches er unter dem Kopfkissen versteckt hat und mit dem er ein Haus und Land kaufen wollte, stiehlt und damit nach Venezuela verschwindet. Bereits 1968 hatte Udo das Lied auf seinem Album mit dem schlichten Titel UDO veröffentlicht, es war auch einer der Höhepunkte seines damaligen Tourneeprogramms.

 

 

10a.) HE'S GOT THE WHOLE WORLD (1969, Orchester Hans Hammerschmid)

Auf dem Album UDO ’70 ist neben MARY ANN ein weiterer Gospel Song zu finden, nämlich He's Got The Whole World (In His Hands) aus dem Jahr 1927. Er wurde im Jahr 1957 zu einem Pop Hit, gesungen von Laurie London, seitdem gab es unzählige Coverversionen.

 

 

10b.) JERICHO (1969, Orchester Hans Hammerschmid)

Der Ursprung des Gospel Spiritual (Joshua fought the battle of) Jericho liegt sehr weit zurück, der Text wurde mündlich überliefert und geht zurück auf das Buch Josua aus dem Alten Testament der Bibel. Aufgrund der mündlichen Überlieferung von Spirituals existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Versionen dieses Liedes, auch Elvis Presley hat es im Jahr 1960 aufgenommen.

 

 

11.) COTTON FIELDS (1968, Orchester Robert Opratko)

Das Lied Cotton Fields stammt von dem amerikanischen Bluesmusiker Huddie Ledbetter (Lead Belly) und wurde 1953 auf dem Album ‚Rock Island Line‘ nach seinem Tod veröffentlicht. Erfolgreich wurde das Lied auch erst danach durch viele Interpretationen anderer Künstler, darunter den Beach Boys (1969), Johnny Cash (1962) und sogar Elton John (Album: The Legendary Covers 1969/70). Udo Jürgens veröffentlichte das Lied im Jahr 1968 als Single für das Album MEIN LIED FÜR DICH und erreichte damit Platz 5 der deutschen Charts und Platz 4 in Österreich. Natürlich hat er dieses Lied oft live in seinen Konzerten gespielt, in späteren Jahren als Teil seiner Zugaben im weißen Bademantel.

 

 

12.) BYE BYE LOVE (1973, Orchester Boris Jojic)

Geschrieben von dem US-amerikanischen Ehepaar Felice und Boudleaux Bryant wurde das Lied 1957 von den Everly Brothers aufgenommen und erreichte Platz 2 der amerikanischen Billboard Charts. Es wurde oft gecovert, unter anderem von Simon & Garfunkel (1969), Roy Orbison und Ray Charles (1961) sowie George Harrison (1974).

 

 

Fazit: das Album sticht unter den vielen von Udo Jürgens stark hervor. Trotz der Zusammenstellung mit Aufnahmen aus 1968/69, 1972 und 1973 wirkt es wie aus einem Guss. Die Orchester, insbesondere das von Boris Jojic (der auch die Arrangements schrieb) bringen einen hervorragenden und kraftvollen Sound, der schon fast eine Live Atmosphäre erzeugt.

 

Anspieltipps: Alle Songs der Schallplatte!

 

© Text: Daniel Speck (Oktober 2023)